Herzwirksame Glycoside
Herzwirksame Glycoside sind auf Grund ihrer Vielfältigkeit, ihrem breiten Einsatz & ihrer ähnlichen Wirkung als eigene Stoffklasse anzusehen. Aufgebaut sind sie grundsätzlich aus einem substituirtem Steroid und einem Zuckerrest aus zum Beispiel der Digitoxose, der Fucose oder anderen. Dies wird als Sekundärglycosid bezeichnet, da diese noch mit einem weiteren Zuckerrest (zB. Glucose) als Primärglycosid gespeichert sein kann. Das Primärglycosid kann durch Fermentation in das Sekundärglycosid überführt werden. Auf dieser Seite werden ausschließlich die Sekundärglycoside behandelt.
Verbreitung
Digitalis purpurea aus Köhlers Medizinal Pflanzen
Insgesamt sind über 500 herzwirksame Glykoside bekannt, die aus der Kombination von ca. 100 Aglyconen und 40 Zuckern zusammensetzen. Die Zucker sind im Gegensatz zu anderen Glycosiden (siehe Vanillosid und Salicin) sogenannte seltene Zucker. Sie kommen in der Natur nur selten vor und zeichnen sich durch Desoxyformen aus (die Abwesenheit einiger Hydroxygruppen).
Die herzwirksamen Glycoside lassen sich in einigen Familien der Bedecktsamer finden. Bekannt sind vorallem die Glycoside des Fingerhutes (Digitalis L.), die sogenannten Digitalisglycoside. Daneben finden sie sich im Adoniskraut, in Maiglöckchen und in Meerzwiebeln. Man kann die Glycoside durch alkoholische Extraktion und Aufarbeitung aus den Pflanzen isolieren.
Eigenschaften der Glycoside
Generell sind die Aglcone aufgrund ihrer Steroidstruktur im Allgemeinen wasserunlöslich. Durch die Glycosilierung können diese jedoch in wasserlösliche Substanzen überführt werden (siehe Gründe der Glycosilierung).
Digitoxin ist ein Vertreter der herzwirksamen Glycoside. Dieser gehört zu den Cardenoliden, also zu den Aglyconen mit 23 Kohlenstoffatome. Neben den Cardenoliden gibt es auch die Bufadienolide welche aus 24 Kohlenstoffatome bestehen. Sie sind im Gegensatz zu den Cardenoliden mit einem 6 Ring und nicht mit einem 5 Ring am C17 Atom des Steroidgerüstes substituiert. Die herzwirksamen Glycoside tragen alle Stereoinformation.
Die herzwirksamen Glycoside werden von der Pflanze aus Cholersterol biosynthetisiert.
Digitalis lanate folium
Als Beispiel wird das Extrakt des wolligen Fingerhuts beschrieben.
Der wollige Fingerhut (Digitalis lanata Ehrh.) ist eine in Europa wachsende, hochaktive Heilpflanze. Sie ist zwei- bis mehr jährig. Wie bei anderen Fingerhutarten ist die Pflanze hochgiftig. Ihre Inhaltsstoffe sind vorallem Lanatosid A & C, aber auch Lanatosid B, D & E. Die Lanatoside können durch Abspaltung des terminalen Zuckers in Digoxin, Digitoxin und andere Digitalisglycoside überführt werden. Ziel von Züchtungen ist es den Lanatosid C Anteil in den Blättern zu erhöhen. Insgesamt beträgt der Gehalt der Glycoside etwa 0.5 bis 1.5 %
Die Droge wird vorallem zur Gewinnung von Digitoxin und Digoxin verwendet. Daneben gibt es Augentropfenpräperate, die auf den Trockenextrakt des wolligen Fingerhuts basieren.
Wirkung
Der wirksame Teil der herzwirksamen Glycoside bildet das Aglycon, das Steroid. Jedoch wird das Glycon benötigt, um eine bessere Bioverfügbarkeit, eine bessere Verteilung und eine stabilere Form zu gewährleisten. Das Steroid alleine würde schnell metabolisiert und ohne Wirkung ausgeschieden werden. Durch die Glycosilierung mit seltenen Zucker, fällt es zudem dem Körper schwerer, die Glycoside zu metabolisieren.
Wie der Name schon sagt, wirken sich die Glycoside auf die Herzaktivität aus. Grundsätzlich wird die Kontraktionskraft des Herzens gestärkt. Das führt zu einer Verringerung der Schlagfrequenz durch einen besseren Wirkungsgrad des Herzens. Genauer beeinflussen die Glycoside den Calciumspiegel im Cytosol des Herzens.
Bei zu hohen Konzentrationen kommt es zu Vergiftungserscheinungen. Diese umfassen Störungen der Herzrhythmik, Sehstörungen, Benommenheit und Kopfschmerzen