Extraktion

Bei der Extraktion von Naturstoffen mit Lösungsmittel wird sich die Löslichkeit der Naturstoffe zu nutze gemacht. Bekannte Beispiele aus dem Haushalt sind das Teekochen, bei dem Wasser den Teeblättern die Inhaltsstoffe entzieht, oder das Ansetzen von Likören, bei der man die Naturstoffe im Alkohol löst.

Bei der Isolierung von Naturstoffen durch die Extraktion ist die Kenntnis über die Löslichkeit des gewünschten zu isolierenden Produktes in verschiedenen Lösungsmittel von prinzipieller Bedeutung. Insbesondere das Isolieren von nur einer chemischen Substanz erfordert die ganze Kunst des Lösens, des Auskristallisierens und des Umfällens, um die gewünschte Verbindung von anderen Stoffen zu trennen.

Extraktion unter reflux Soxhletapparatur

«Gleiches löst sich in gleichem.»

Unter diesem Paradigma kann man die physikalischen Vorgänge zusammenfassen, die sich bei der Extraktion von Naturstoffen in geeigneten Lösungsmittel abspielen.

Chemischen Verbindungen werden diverse Eigenschaften zugeschrieben. Sie können polar, unpolar, hydrophob, hydrophil, protisch, aprotisch, lipophil oder aber lipophob sein. Durch die Zuschreibung einiger dieser Eigenschaften (die sich zum Teil gegenseitig ausschließen) gelingt es ein geeignetes Lösungsmittel für die Verbindung zu finden. Das Lösungsmittel sollte die gleichen oder änhlichen Eigenschaften haben.

In der folgenden Tabelle sind bekannte Lösungsmittel und ihre Eigenschaften aufgezählt:

Lösungsmittel Eigenschaften
Wasser hyrophil, polar, protisch
Ethanol leicht polar, hydrophile und hydrophobe Eigenschaften
CO2 stark polar
Hexan unpolar, hydrophob
Diethylether unpolar, hydrophob, aprotisch
Aceton polar, aprotisch

Eine polare und hydrophile Verbindung, wie zum Beispiel Glucose, löst sich also am ehesten in Wasser und Kohlenstoffdioxid aber nicht in Hexan oder nur schwer in Diethylether. Eine hydrophobe Verbindung wie zum Beispiel Cumarin löst sich dagegen gut in Ether aber nicht in Wasser.

Desweiteren können Lösungsvorgänge durch äußere Faktoren erleichtert werden. Beim Rühren einer Flüssigkeit, beim Zerkleinern der Pflanzen (Vergrößerung der Oberfläche) oder beim Erhitzen des Lösungsmittels erhöhen sich die Ausbeuten. Deswegen wird oft die Extraktion am Siedepunkt des Lösungsmittels durchgeführt und das siedende Lösungsmittel über einen Kühler zurück in den Kolben geführt.

Nach einiger Zeit stellt sich ein Gleichgewicht ein, bei dem kein weiterer Naturstoff mehr gelöst wird. Dies kann durch eine Soxhletapparatur oder aber durch ein zweites Extrahieren mit neuem Lösungsmittel umgangen werden. Nicht immer ist die Methode „viel hilft viel“ hier zielführend. Meistens ist es besser mehrfach mit kleinen Mengen von Lösungsmitteln zu extrahieren, statt einmalig mit einer großen Menge.

Seit der Kenntnis um die Isolierung von Naturstoffen und ihrer Bedeutung haben sich mehrere Techniken zur Extraktion etabliert.

Die einfachste Möglichkeit zur Extraktion von Naturstoffen ist das Einlegen von Pflanzenmaterial in ein Extraktionsmittel wie Ethanol oder Wasser. Bekannte Beispiele dafür sind das Ansetzen von Likören, bei der das Pflanzenmaterial mehrere Wochen in Ethanol eingelegt wird.

Schneller geht es, wie schon erwähnt, durch rühren und kochen unter reflux (Lösemittel wird über Kühler zurück geführt). In der Abbildung sieht man eine Extraktion die unter reflux durchgeführt wurde. Ab einer gewissen Konzentration des Naturstoffes wird jedoch kein weiterer gelöst, da das Löslichkeitsgleichgewicht die Konzentration limitiert.

Die Wärme erleichtert nicht nur die Extraktion, sondern beschleunigt auch enzymatische Prozesse (Fermentation) und kann zur Zersetzung der Naturstoffe führen.

Bei der Soxhletextraktion kann eine höhere Ausbeute erreicht werden. Das Pflanzenmaterial wird in einer Soxhletapparatur mehrfach extrahiert. Das Lösemittel verdampft im Kolben, wird abgekühlt, kommt in den Kontakt mit dem Pflanzenmaterial und wird in den Kolben zurück geführt. Dort verdampft es erneut, wobei die extrahierten Stoffe im Kolben zurück bleiben. Dadurch wird das Pflanzenmaterial immer wieder mit „frischem“ Lösungsmittel extrahiert. Die Limitierung der einfach einfachen Extraktion aufgehoben.

Eine elegante Methode zur Extraktion ist die Extraktion mit Kohlenstoffdioxid. CO2 ist ein Gas und muss dazu erst verflüssigt werden. Ab einer Temperatur von 30,98°C und gleichzeitig einem Druck von 73,75 bar nimmt Kohlenstoffdioxid einen überkritischen Zustand an. In diesem Zustand hat Kohlenstoffdioxid Eigenschaften, die zwischen den Eigenschaften einer Flüssigkeit und einem Gas liegt. Durch die hohe Polarität von Kohlenstoffdioxid ist diese Methode vor allem für polare, organische Stoffe geeignet.

Besonders elegant ist die Entfernung des Lösemittels. Durch Überführung der Lösung in Normalzustand (Temperatur & Druck) geht das Kohlenstoffdioxid vollständig in die gasförmige Phase über. Dadurch wird die umständliche Entfernung des Lösemittels, welches oft nicht vollständig entfernt werden kann, erspart.

Diese Anlagen sind jedoch schwieriger zu realiseren und - wenn nicht ständig gemacht - nicht im Standardrepertoire eines Labors. Insbesondere die Gefahr des Entweichens größerer Mengen an Kohlenstoffdioxid schreckt vor einem Einsatz im Labor ab. In der Großindustrie ist dieses Verfahren beliebt.

Zur Unterstützung der Extraktion kann eine Ultraschallbehandlung eingesetzt werden. Ultraschall ist ein hochfrequenter Schall, der nicht hörbar ist. Er erzeugt in einer Lösung kleine Vakuumbläschen, welche am Pflanzenmaterial aufplatzen. Dabei wird Energie frei und es werden lokal sehr hohe Temperaturen und Drücke erzeugt. Darüber hinaus werden die Pflanzenzellen aufgebrochen und dadurch die in ihr enthaltenen Stoffe leichter extrahierbar.

Bei schwer extrahierbaren Stoffen ist die Behandlung mit Ultraschall also eine gangbare Methode.