Cumarin
Bereits 1820 gelang es Nicolas-Jean-Baptiste-Gaston Guibourt Cumarin aus der Tonkabohne (Dipteryx odorata) zu gewinnen. Ein paar Jahre später benannte er den Stoff nach dem damaligen lateinischen Namen der Tonkabohne Coumarouna odorata. Wenig später schwärmte Professor Philipp Lorenz Geiger von dem Geruch, der „stark und angenehm aromatisch bittermandelartig und melilotenähnlich“ ist.
Cumarin gehört zu der Stoffklasse der Lactone und bildet das Grundgerüst der Cumarine. Wie jedes Lacton ist es der cyclisierte Ester einer Hydroxycarbonsäure. Durch Kondensation von ortho-Cumarinsäure wird Cumarin erhalten. Während ortho-Cumarinsäure wasserlöslich ist, ist Cumarin selbst nur gering wasserlöslich (1.7 g/L bei 20°C). Dagegen ist Cumarin in Ethanol, dem es eine leicht gelbliche Farbe gibt, sehr gut löslich.
Verwendung
Cumarin ist ein bekannter Riechstoff, der den Geruchs von frischen Heus prägt. Sein aromatischen Geruch wird und wurde vor allem in der Kosmetikindustire eingesetzt. In der Lebensmittelindustrie wird Cumarin auf Grund seiner Toxizität nicht mehr zugegeben, natürliche Anteile von Cumarin, wie zum Beispiel in Waldmeister, aromatisieren aber bis heute Genuss- und Lebensmittel.
Im Gegensatz zu vielen Riechstoffen ist Cumarin bei Raumtemperatur ein Feststoff. Bei der Gewinnung von ätherischen Ölen durch Wasserdampfdestillation gewinnt man, wie der Name schon sagt, Öle, also Flüssigkeiten. Cumarin schmilzt dagegen erst bei 71°C. Cumarin kristallisiert in weißen Nadeln aus. Die Flüchtigkeit eines Riechstoffes ist beim Einsatz in Parfüms und Kosmetika eine wichtige Eigenschaft.
Kosmetikindustrie
Zur Verwendung in Parfüms eignet sich das Cumarin als Basisnote. Neben der Herznote und der Kopfnote bestimmt die Basisnote den langanhaltenden Charakter eines Parfüms. Hierzu eignet sich das Cumarin auf Grund seines hohen Siede- und Schmelzpunktes (im Vergleich zu anderen Riechstoffen) als ergiebige Basisnote. Oft wird Cumarin in der Parfümindustrie als Zugabe für Männerparfüms zugesetzt, die besonders rauchig und holzig wirken sollen. Aber auch im Berühmtesten aller Parfüms - “Chanel No 5” - ist Cumarin enthalten. Bereits 0.1 % Cumarin sind in einer 70 % Ethanollösung wahrnehmbar. Eine vielversprechende und auch bekannte Komposition ist die Mischung aus Vanille, Ciste, Bergamotte und Cumarin.
Lebensmittelindustrie
Der Lebensmittelindustrie ist es verboten zusätzliches Cumarin in Lebensmittel als Aromastoff zuzugeben. Nichtsdesto trotz gibt es Lebensmittel, die natürliches Cumarin aus Tonkabohnen, Waldmeister oder aber auch Zimt enthalten. Vor allem Zimtsterne haben einen erhöhten Cumaringehalt. Nach der europäischen Aromenverordnung wurde ein Maximalgehalt von Cumarin in traditionellen und/oder saisonalen Backwaren (also z.B. Zimtsterne) auf 50 mg/kg Lebensmittel und bei Dessertspeisen auf 5 mg/kg festgelegt.
Auch in Waldmeisterprodukten ist Cumarin enthalten. Während früher noch extra synthetisches Cumarin beigefügt wurde, darf heute lediglich das im Waldmeister enthaltene Cumarin als Aromastoff eingesetzt werden.
Glycosid des Cumarins
Cumarin kommt in der Pflanze meist nicht als Reinstoff vor. Da Cumarin nur gering wasserlöslich ist, wäre dies auch garnicht möglich, da es so nur schwer bioverfügbar ist. Durch die Glycosilierung der Cumarinsäure wird Cumarin in den Pflanzen speicherbar. Dort wird es bei bestimmten Ereignissen, wie zum Beispiel bei einer Verletzung der Pflanze, enzymatisch freigesetzt und die Cumarinsäure verestert (lactonisiert) zum Cumarin. Welche Funktion das freigesetzte Cumarin dabei hat, ist bis heute – wie bei vielen Sekundärstoffen – nicht geklärt.
Vorkommen in Pflanzen
Bei der Suche nach natürlichen Quellen von Cumarin ist zu unterscheiden zwischen freiem Cumarin und den Cumarinderivaten, die zu Cumarin durch Fermentation reagieren können. Oft jedoch finden sich neben dem Cumarin, dass nur durch diese Fermentation freigesetzt wird mehrere Cumarinderivate. Cumarin findet man in 24 verschiedenen Pflanzenarten und in 66 verschiedenen Pflanzen. Darunter viele Gräser und mit hohen Anteilen der gelbe Steinklee (Melilotus officinalis) und die Tonkabohne (Dipteryx odorata). Wie schon erwähnt gelang die Isolierung und damit die Entdeckung von Cumarin erstmals aus der Tonkabohne aufgrund seines hohen Cumaringehaltes. Ebenfalls bekannt für seinen hohen Cumaringehalt ist der Waldmeister (Galium odoratum). Das Aroma des Waldmeisters gibt der Maibowle und der Berliner Weiße seinen typischen Geschmack, auch wenn seit 1974 der Gebrauch des echten Waldmeisters in der Aromaindustrie auf Grund des Cumarins eingeschränkt ist.
Ähnlich wie bei den ätherischen Ölen bewegen sich die Ausbeuten des Cumarins aus natürlichen Ausgangsstoffen im unteren einstelligen Prozentbereich gemessen an der Rohmasse der Pflanzen und Früchte.
Rohmaterial | Cumaringehalt |
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Tonkabohne (Dipteryx odorata) | 2 – 3% |
Gelber Steinklee (Melilotus officinalis) | 0.4 – 0.9% |
Waldmeister (Galium odoratum) | 0.7 – 1.3% |
Gewöhnliches Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) | 0.6 – 1.4% |
Die Tonkabohne ist der Samen des tropischen Tonkabaumes. Er ist im nördlichen Südamerika – in Venezuela und Trinidad – an den Ufern des Amazonas beheimatet. Das Fallobst des Tonkabaumes wird im Mai jeden Jahres aufgenommen und die Tonkabohnen aus der Frucht genommen. Pro Baum können so bis zu 15 kg Bohnen geerntet werden.